Kann Instagram jemals wieder authentisch sein?

Als Instagram vor über einem Jahrzehnt in den App-Stores erschien, war es eine kleine Plattform für Fotografie-Liebhaber, die mit Hilfe von Filtern beeindruckende Aufnahmen erstellen wollten. Heute ist Instagram ein gigantisches Ökosystem, das weit über seine ursprüngliche Idee hinausgewachsen ist – manchmal zu Lasten seiner Authentizität.
Ein Spiegel der Konkurrenz
Instagrams Entwicklung ist geprägt von dem Versuch, mit jedem neuen Trend Schritt zu halten. Die Einführung von Stories als Antwort auf Snapchat, Reels als Reaktion auf TikTok und nun Dual Camera und angeblich geplante Candid Challenges, inspiriert von BeReal, zeigen ein klares Muster: Instagram ist weniger darauf bedacht, neue Ideen zu entwickeln, als erfolgreiche Formate der Konkurrenz zu integrieren.
Doch diese Strategie wirft eine zentrale Frage auf: Kann Instagram unter der Last all dieser übernommenen Formate jemals wieder zu seiner ursprünglichen Authentizität zurückfinden?
BeReal: Die Gegenbewegung
Die Popularität von BeReal zeigt, dass viele Nutzer genug von inszenierten Inhalten haben. Diese Plattform feiert die Echtheit des Moments: ungefiltert, spontan, alltäglich.
BeReal scheint eine Antwort auf den Perfektionismus zu sein, der auf Instagram dominiert. Doch selbst wenn BeReal die Idee von Authentizität neu belebt, bleibt unklar, ob diese Philosophie in einer Zeit, in der Social Media oft kommerzialisiert wird, langfristig Bestand haben kann.
Das Dilemma der Authentizität auf Instagram
Während TikTok den Trend zu realeren Inhalten beschleunigt hat, bleibt Instagram tief in seiner ästhetischen Kultur verwurzelt. Trotz Bemühungen um mehr Authentizität – etwa durch ungeschönte Reels oder Dual Camera – bleibt der Druck, Inhalte zu „perfektionieren“, bestehen.
Nutzer wünschen sich zwar mehr Realität, aber auch Inhalte, die inspirieren und begeistern. Dieser innere Konflikt – Realität versus Perfektion – ist ein zentraler Grund, warum Instagram möglicherweise nie vollständig authentisch wirken kann.
Instagrams Strategie: Zentralisierung
Nikola Jagodić, Digital Marketing Specialist bei Smartpoint Adria, beschreibt Instagrams Ansatz als einen Versuch, alle Funktionen in einer App zu bündeln. Dieser Weg könnte jedoch langfristig problematisch sein:
„Die Integration unzähliger Formate kann Nutzer überfordern. Meta riskiert, dass Instagram und Facebook nicht mehr als einzigartig wahrgenommen werden und Nutzer auf spezialisiertere Plattformen wie BeReal oder TikTok wechseln.“
Die Zukunft der Authentizität
Kann Instagram jemals wieder zu seinen Ursprüngen zurückkehren? Vielleicht nicht. Aber das ist nicht zwingend negativ. Plattformen entwickeln sich weiter, und während Instagram möglicherweise an Authentizität verliert, bleibt es ein Ort für kreative und ästhetische Inhalte.
BeReal erinnert uns daran, dass soziale Medien auch ehrlich und spontan sein können. Doch selbst BeReal könnte, wie viele Alternativen zuvor, irgendwann in den Mainstream übergehen und an Authentizität einbüßen.
Ein Plädoyer für Vielfalt
Am Ende liegt die Wahl bei uns Nutzern: Wir können entscheiden, welche Plattformen und Inhalte wir bevorzugen. Die Koexistenz von Instagram, BeReal und anderen Plattformen bietet die Freiheit, je nach Stimmung oder Zweck zwischen Perfektion und Realität zu wählen.
Vielleicht wird Instagram nie wieder das sein, was es einmal war. Aber vielleicht muss es das auch nicht. In einer Welt voller Optionen können Plattformen nebeneinander existieren und uns die Möglichkeit geben, genau die Art von Verbindung zu finden, die wir suchen.
Autorin: Ivana Tomić, Smartpoint Adria Brand Specialist
Bild: Unsplash